Der kabbalistische Baum des Lebens

Der Baum spielt in vielen Religionen und Kulten aller Zeiten eine wichtige Rolle. Er wurzelt in der Erde und wächst dem Licht entgegen. In ihm verbinden sich die göttliche Wahrheit und das irdisch-menschliche Dasein. Wir kennen den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis aus der Schöpfungsgeschichte.

In der germanischen Mythologie ist es die Weltenesche Yggdrasil, an der hängend Odin Erleuchtung und die magischen Runen erlangte. Daran orientiert sich auch die Darstellung des Gehängten im Tarot.

In der Kabbala, der jüdischen Mystik, ist der Baum des Lebensdas zentrale Symbol. Im 1. Jh. nach Christus findet er zum erstemal Erwähnung. Das Sefer Yetzirah, das Buch der Formung, beschreibt zunächst die 10 Emanationen des göttlichen Lichts, die Sephiroth (Einzahl: Sephirah), sowie auch die 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets als mystische Kräfte. Erst im Verlauf des Mittelalters erscheint der Baum in seiner uns bekannten Gestalt, nämlich mit den Pfaden, die die Sephiroth miteinander vernetzen und die jeder einen Buchstaben repräsentieren.

Im Sefer Yetzirah wird der Schöpfungsprozess als eine Hervorbringung der 10 Sephiroth und der 22 Buchstaben beschrieben.

Die Sephiroth können wir uns als Teile und Emanationen ein- und derselben Kraft vorstellen, so wie das weiße Licht durch ein Prisma in verschiedene Farben gebrochen wird.

Man kann sich den Prozess etwa so vorstellen: Die Kraft, erscheint aus dem Ain Soph Aur und bildet die Sephirah Kether, wo sich diese ungeheuer geballte Energie konzentriert. Der in Kether entstehende Druck sucht einen Ausweg, löst sich heraus und bildet eine neue Sephirah, Chockmah. Die Energie, die in Chockmah zuviel ist, entlädt sich und bildet die Sephirah Binah. So bilden sich die weiteren Sephiroth und nehmen dabei einen immer dichteren Grad der Manifestation an, ein Prozess, der in der materiellen Welt von Malkuth sein Ende und seine Erfüllung findet.

Ein Baum wurzelt in der Erde, wächst und streckt seine Krone in den Himmel. Der kabbalistische Baum hat seine Wurzeln zunächst einmal „oben“ und wächst nach unten, der Erde (Malkuth) entgegen. Das entspricht dem oben geschilderten Schöpfungsprozess, durch den der Geist die Materie in zunehmender Verdichtung erschafft.

Andererseits ist der Lebensbaum aber auch fest auf Malkuth verwurzelt und wächst über uns in immer weniger dichte geistige Sphären hinein. Beide Betrachtungsweisen haben ihre Berechtigung. Wir sind ein Teil der materiellen Schöpfung und haben unsere Wurzeln in unserer wunderschönen Erde. Gleichzeitig wissen wir, dass Malkuth nicht alles ist und dass es ein viel Größeres gibt. Der Baum lädt uns ein, an ihm „hinaufzuklettern“ und den Weg zurück in unsere wahre Heimat im ewigen Licht zu finden.

Wir verstehen, dass der kabbalistische Baum des Lebens ein Symbol für die göttliche Schöpfungsordnung und den Weg des Menschen ist. Dies wird noch deutlicher, wenn wir uns den Aufbau des Baumes anschauen und ein Idee davon erhalten, wie perfekt ausbalanciert der Baum ist.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich betonen, dass in meiner Internetseite über den Baum des Lebens als hochkomplexes Symbol nur das vermittelt werden kann, was seine Verbindung mit dem Tarot verdeutlicht. Der Baum ist viel mehr und ich weiß, dass ich den Baum in seiner ganzen Pracht und Symbolik nicht wirklich erfassen kann.